Trauma, Beziehung und die Kunst des Konflikts – Entdecke, wie Trauma unsere Konfliktfähigkeit prägt – und wie echte Auseinandersetzung Nähe, Heilung und tiefe Verbindung ermöglicht.
Immer wieder fällt mir in Gesprächen mit Menschen auf: Jede*r trägt einen Konflikt in sich. Manchmal ganz offensichtlich, manchmal versteckt, aber immer spürbar. Diese Konflikte bestimmen unser Leben – als innere Unruhe, Gedankenkarussell, Missverständnis, Schmerz oder alte Verletzung. Sie sind wahre Energieräuber.
Und doch: Sie sind auch ein Fenster, ein Hinweis darauf, wo etwas in uns gesehen und geheilt werden möchte.
Von Geburt an geprägt
Schon unsere Ankunft in dieser Welt hinterlässt Spuren. Wurden wir warm, liebevoll und mit Vertrauen empfangen – oder war die Geburt von Schock, Kälte oder gar Gewalt begleitet?
Ob wir Geborgenheit, Zugehörigkeit und Sicherheit erfahren haben, entscheidet wesentlich darüber, ob wir uns im Leben willkommen fühlen. Hier wurzelt unser Urvertrauen – oder eben das Gefühl, von Anfang an „auf uns gestellt“ zu sein.
Kindheit, Schule, Gesellschaft – die unsichtbaren Lektionen
Nach den ersten Bindungserfahrungen treten wir in die zweite große Schule des Lebens: Familie, Kindergarten, Schule, Gesellschaft.
- Wurden wir mit unseren Gefühlen willkommen geheißen – auch mit Wut, Scham, Trauer?
- Oder galt: angepasst, brav und leistungsfähig = geliebt und anerkannt?
Viele Kinder haben schon früh das Gefühl: So wie ich bin, reicht nicht. Leistung wird zur Währung von Liebe.
Und dabei geht es nicht darum, Eltern oder Lehrer*innen schuldig zu machen. Sie sind selbst Kinder ihrer Zeit, geprägt von Kriegs- und Nachkriegserfahrungen, von preußischer Strenge oder von eigenen Traumata. Schuld ist hier nicht das Thema. Verstehen ist das Thema!
Jugend, Liebe und Sexualität – die Bühne der alten Muster
In der Jugend und Pubertät treten alte Muster ins Rampenlicht: die ersten Freundschaften, Liebesbeziehungen, die ersten Schritte in Sexualität. Hier zeigt sich deutlich, ob wir Nähe als sicher oder gefährlich erleben, ob wir uns in Beziehung verlieren, festklammern oder distanzieren.
Beziehungen sind die Bühne, auf der alte Wunden sichtbar werden – aber auch der Raum, in dem sie heilen können.
Trauma – kein Ereignis, sondern eine Überforderung
Trauma bedeutet nicht das Ereignis selbst, sondern die Überforderung, die wir damals nicht bewältigen konnten. Unser Nervensystem speichert diese Erfahrung. Deshalb wiederholen sich Muster wie ein Echo: nicht, weil wir falsch sind, sondern weil unser System Heilung sucht.
Trauma trennt – Heilung verbindet.
Trauma verschließt – Heilung öffnet.
Konflikt als Weg zur Verbindung
Und hier liegt mein großes Plädoyer: Wir müssen und dürfen wieder konfliktfähig werden.
Konflikte sind kein Scheitern. Sie sind das lebendige Reiben zweier Wahrheiten. Und wenn wir lernen, sie nicht mehr mit Schuld, Angst oder Scham zu verknüpfen, sondern konstruktiv zu durchleben, dann verwandeln sie sich.
Nach einem echten, ehrlichen Konflikt spüre ich mich meinem Gegenüber näher als zuvor – tiefer im Kontakt, verbundener, nicht getrennt. Konflikte sind kein Riss, sie sind ein Tor zur Intimität.
Was hilft auf dem Weg?
- Sichere Räume schaffen – wo Gefühle willkommen sind, auch die schwierigen.
- Gefühle normalisieren – Wut, Scham, Hilflosigkeit sind Teil des Menschseins.
- Ressourcen stärken – wir sind mehr als unsere Wunden; auch Kraft, Kreativität, Resilienz (Widerstandsfähigkeit) wohnen in uns.
- Den Körper einbeziehen – Atem, Bewegung, Achtsamkeit helfen dem Nervensystem, Altes loszulassen.
- Konflikte üben – im Kleinen beginnen, nicht weglaufen, sondern da bleiben, spüren, sprechen.
Schlussgedanke
Vielleicht magst du dich selbst fragen:
- Wann hast du zuletzt gespürt, dass du mit all deinen Gefühlen willkommen bist?
- Und wann hast du nach einem Konflikt echte Nähe und Tiefe gefühlt?
Denn genau das ist möglich: dass wir Konflikte nicht mehr fürchten, sondern als Teil unserer Lebendigkeit annehmen.
Dass wir sie nicht mehr als Trennung erleben, sondern als Brücke – zu uns selbst, zu den anderen, zum Leben.
Trauma erklärt unsere Wunden. Konfliktfähigkeit eröffnet unsere Heilung.
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